Das große Fest
Bevor es ab 16 Uhr richtig losgehen kann, steht der Samstag Vormittag noch ganz im Zeichen der letzten Vorbereitungen für unser Bergfest: Es gilt, die selbstgebauten Festtafeln und Bänke aufzustellen und zu schmücken, Infotafeln und Karten aufzuhängen, Parkplätze auszuweisen und allgemein klar Schiff zu machen. Kurz scheint es, als könne doch noch alles ins Wasser fallen, als nach zwei Wochen Sonnenschein vormittags plötzlich Regenwolken aufziehen und es soviel regnet wie lange nicht. Doch gegen frühen Nachmittag wächst mit dem schwächer werdenden Regen unser Optimismus und wir wagen es, die Tischdecken auszulegen und die Festtafeln zu dekorieren.
Auch in der Küche läuft die Vorbereitung auf Hochtouren. Wir bereiten einen großen Topf leckerer Kartoffelsuppe und andere Kleinigkeiten für das Buffet vor, das später ergänzt wird durch allerlei Mitbringsel unserer Gäste. Marju, Jaan, Krista und Familie reisen extra früher an, um beim letzten Schliff zu helfen und den mitgebrachten Grill anzufeuern.
Schlag 16 Uhr steht dann ein erster Schwung Gäste auf dem Hof und in der folgenden Stunde kommen noch so viele mehr, dass unsere als Parkplatz vorbereiteten Flächen keinen Zentimeter zu klein sind. Neben Nachbarn und Freunden aus der Gegend reisen auch aus anderen Teilen Estlands und sogar aus Helsinki neugierige Gäste an und wollen sehen, was auf dem aus dem Dornröschenschlaf geweckten Hof vor sich geht. Die meisten machen sich ohne Umschweife daran, den Hof auf eigene Faust zu erkunden; manche lassen sich auch auf einem geführten Hofrundgang den Baufortschritt zeigen und erklären, was das alles hier soll.
Nach den Rundgängen ist noch Zeit, bei Kaffee und Kuchen miteinander ins Gespräch zu kommen, und wir haben schnell den Eindruck, dass nach anfänglicher Zurückhaltung und auch über vereinzelte Sprachbarrieren hinweg ein schöner Austausch entsteht.
Dann beginnt der Festakt: Wir kommen alle unter der Linde im Hof zwischen Haupthaus und Stall zusammen, um das Entstandene und Entstehende mit kurzen Reden und Musik zu würdigen. Anna und Janne halten eine estnisch-deutsche Rede, in der die Freude am Schaffen in den letzten zwei Wochen und der Dank an unsere Bauhelferinnen und Bauhelfer sowie an die Unterstützung von Marju, Krista und Familie zum Ausdruck kommt. Daraufhin berichtet Krista in ihrer Rede, die Anna in Abschnitten ins Deutsche übersetzt, von der unwahrscheinlichen Begegnung mit Hagen in Oslo letzten Herbst, ohne die wir heute bestimmt nicht hier in Rihula stünden.
Im Anschluss an die Festreden gibt die Hofmannschaft ein selbst gedichtetes Lied im Stile eines estnischen Regilauls zum Besten, es handelt von den Erlebnissen und den Arbeiten der letzten zwei Wochen. In estnischen Regis folgt auf einen einzeln vorgetragenen Vers ein Antwortvers und so antworten wir in unserem Regi auf estnische Verse von Anna und Janne mit einer deutschen Übersetzung. Zum Abschluss soll als Symbol für den Beginn von etwas Schönen und Neuen noch eine junge Eiche umgepflanzt werden, die sich ursprünglich mitten vor die Saunatür verirrt hatte. Krista war sofort die Idee gekommen, diese bis zum Fest auf einen Übergangsstandort umzusiedeln und dann dort gemeinsam zu pflanzen.
Anschließend stoßen wir mit einem Gläschen Sekt auf den in Kristas Rede angeklungenen glücklichen Zufall an und gehen in einen gemütlichen Abend über. Bei Kartoffelsuppe, Gegrilltem und Stockbrot kommen Groß und Klein auf ihre Kosten und spätestens jetzt bilden sich an unseren Festtafeln bunt gemischte Gruppen, in denen die Verständigung mal auf Estnisch, mal auf Deutsch, Englisch oder Russisch gelingt.
Unser großes Bergfest endet schließlich in kleinerer Runde am Lagerfeuer, wo wir noch etwas zusammen musizieren, quatschen und den Abend ausklingen lassen.
Nach der langen Woche, den vielen Vorbereitungen und den schönen Eindrücken und Gesprächen am Festabend, haben wir uns nun einen freien Tag redlich verdient. So vergeht der Sonntag mit ausgedehntem Frühstück, wenig Bewegung und einer kurzen Übergabe der wichtigsten Baustellen an Tobias und Lionel vom Kernteam, die ab jetzt für die zweite Hälfte von Vereinsseite den Staffelstab übernehmen.
Gegen Mittag findet sich noch eine kleine Gruppe für einen Waldspaziergang zusammen, die natürlich - wie könnte es anders sein - mit einem gut gefüllten Korb Pfifferlinge zurückkehrt. Praktischerweise hat Lukas am Vormittag einen Pizzateig angesetzt und Janne Tomatensoße vorbereitet, womit auch unsere Abendbeschäftigung gesichert ist. Nur kurz scheint es, als könnte das abendliche Pizzabacken doch noch ins Wasser fallen, als unser im Fluss gekühlter Pizzateig sich selbstständig macht und flussabwärts auf Reisen geht. Durch einen glücklichen Zufall kommen just in diesem Moment jedoch Lionel und Lola flussaufwärts von ihrer Flusswanderung zurück und bringen den ausgebüxten Teig zurück zum Pizzafeuer, wo wir ihn schließlich in den Varianten Tomate-Paprika und Schmand-Pfifferling seiner Bestimmung zuführen.
So endet unser Festwochenende und wir freuen uns schon darauf, euch bald auch wieder von neuen Bauprojekten berichten zu können. Bis bald!