Es geht los!
Der Morgen des gestrigen estnischen Unabhängigkeitstags begrüßt uns mit herrlichem Sonnenschein, den einige von uns für einen morgendlichen Spaziergang nutzen. Anschließend starten wir alle gemeinsam den Tag mit einem ausgiebigen Frühstück: Es gibt eine Mischung aus Knoblauch, Reibekäse, Mayonnaise und saurer Sahne, das als Dip zu Brotchips gegessen wird. Diese estnische Variante von “Mainzer Spundekäs” mundet uns sehr, wenn man nicht zu lange über die Zutaten nachdenkt. Nach dem späten Frühstück machen wir Feiertagsprogramm: Krista und ihre Verwandten holen uns im Auto ab und wir fahren nach Uhtna, einem kleinen Ort in der Nähe von Rakvere, wo am Nachmittag Chöre und Volkstanzgruppen auf der zentralen Sängerbühne auftreten. Reden werden gehalten, wir verstehen nicht so viel, werden aber schnell als Neuankömmlinge erkannt und freundlich willkommen geheißen.
Zurück im Zelt packt Marju, Kristas Mutter überraschend zwei Tabletts voller Schnittchen in den blau-schwarz-weißen Nationalfarben aus: Schwarzbrot, Butter, Eier, Sprotten, dazu Dill und als Deko die blaue Blume der Gurkenkrautpflanze (Borretsch). Schließlich bekommen auch die Verwandten noch eine ausgedehnte Tour über den frisch gemähten Platz. Die nach langen Jahren wieder offenen Türen und Fenster wecken Begeisterung.
Damit noch nicht genug, auch ein besonderer Gast stößt zum Kaffeetrinken im Zelt dazu: Kristas Nachbar, Hanno, Biologe mit Schwerpunkt auf Naturschutz, erzählt uns etwas über die Besonderheiten der estnischen Natur. Auf einem Spaziergang durch die Umgebung entdecken wir bereits einige charakteristische Lichtungen und Moore. Wir besprechen Naturschutzthemen und diskutieren, wie wir Rihula zu einem artenreichen Lebensraum machen können.
Über die Unabhängigkeit Estlands sowie über die besondere Artenvielfalt könnten wir noch viel mehr berichten, als in diesen Eintrag passt. Dazu schreiben wir nach der Bauhütte gern noch etwas umfassendere Artikel.
Der heutige Tag war dann wieder dem Bauen gewidmet. Zunächst musste jedoch eine der letzten Infrastrukturbaustellen abgeschlossen werden: Wir brauchen Strom! Dafür hat uns Krista schon ein Propangasbetriebenes Notstromaggregat besorgt, das wir nach kurzer Einrichtung zum Laufen bringen. Die Akkus unserer Elektrowerkzeuge danken es uns. Dann geht es aber endlich mit Vollgas zu den wirklich wichtigen Baustellen: Die Scheune wird von altem Heu befreit. Eine staubige Angelegenheit, zum Glück haben wir Masken dabei. Endlich ist das Fundament wieder sichtbar, das wir bald ausbessern wollen.
Auch das Haupthaus bekommt ein bisschen Liebe. Die Balken, die wir Sonntag im Sägewerk bestellt hatten werden zu Baugerüsten, um bald endlich das Dach zu reparieren. Am Ende des Tages ist es bereits begehbar und offenbart einen genauen Blick auf die fehlerhaften Stellen.
Eine Etage tiefer hört man es klopfen. Das Loch im Dach hat auch dort nach einigen Jahren seine Spuren hinterlassen. Das eindringende Wasser hat Decken, Wände und Fußböden beschädigt. Petra nimmt sich zunächst der Wände an und klopft schon mal den Putz ab.
Auch im Grünbereich geht es voran: Neben Freischneidearbeiten und Wegräumen von Totholz vor der Scheune werden kurz vor Feierabend noch schnell ein paar Kiefern gefällt, die dem Haus zu nahe kamen. Lola freut sich über einen vorbildlich gefallenen Baum.
Nach einem ereignisreichen Tag freuen wir uns über ein kühles Bad im Fluss und ein leckeres Abendessen. Kurz bevor die Essensglocke ertönt gibt es noch eine frohe Überraschung: Marju und ein Bekannter haben mit dem Metalldetektor zwei 50m tiefe alte Brunnenröhren wiedergefunden und ausgegraben. Wie wir da jetzt Wasser rauskriegen, das beraten wir in aller Frische morgen. Bis bald!